Stadt, Land, Food 2016 & Berlin Food Week

Zuerst hatte ich gar nicht auf dem Schirm, dass ich das Glück habe mich gleich auf zwei hochkarätigen Veranstaltungen in Berlin herumzutreiben. Auf der Berlin Food Week habe ich für Bosch einen Workshop auf der großen Bühne gehalten und zusammen mit 10 Teilnehmern und einer ganzen Menge an Zuschauern meine Salsicca 2.0 gewurstet. Dabei haben wir das Hunting-Set, bestehend aus Fleischwolf und Wurstfüller an der neuen Bosch OptiMUM vorgestellt. Ausserdem wurde noch kräftig bei den WineVibes das Rueda durchprobiert und das Bordeaux erkundet. Alleine die Location – das Kraftwerk – war schon ein Erlebnis. Eine futuristische Kathedrale aus Beton in farbiges Licht getaucht.

Nicht weit entfernt in der Markthalle Neun fand dann auch zeitgleich das Stadt, Land, Food statt. Hier hat es mich an beiden Tagen auch magisch hingezogen. Zum einen schon früh am Samstag Morgen, da ich dort bei Kumpel & Keule das Fleisch und den Darm für meinen Wurst-Workshop am Abend abholen musste. Ich habe mich sehr darüber gefreut das ich meine Salsicca, so wie daheim, aus Schulter & Bauch vom Schwäbisch-Hällischen Schwein machen konnte. Pünktlich zur Startglocke bin ich in der Markthalle eingetroffen und war ganz beeindruckt wie sich der unbändige Spirit in die Ganzen umgebenden Straßen ergoßen hat. Mehrere Straßenzüge von der Markthalle entfernt waren schon Stände mit besonderen Lebensmitteln aus allen Bereichen vertreten. Bauern mit besonderen Kartoffeln, Tomaten & Radieschen, Craftbeer-Brauer, bekannte Streetfood-Stände aus ganz Deutschland, Schnapsbrenner, Ölmühlen, Käsereien, Metzger. Und das pulsierende Herz der Veranstaltung ist die Markthalle selber. So viel hat sich seit meinem letzten Besuch in der Markthalle verändert. Sie hat sich weiterentwickelt und wirkt nun reifer, stärker und noch unersetzbarer als je zuvor. Damals hat man gesehen wie noch alles im Wachstum war und viele der Stände in einem Entwicklungsprozess steckten. Es ist Wahnsinn zu sehen wie schnell diese Entwicklung nun von statten gegangen ist und wie gut sie allen tut.

Mit Stadt Land Food hat die Markthalle an diesem Wochenende noch einmal auf ihren eh schon hohen Qualitäts- und Erlebnisfaktor einen drauf gesetzt. Zu allen möglichen Themen werden parallel jede Stunde Workshops angeboten – Fisch, Fleisch, Milch, Gemüse, Käse, Wein, … . Ganz besonders hat es mir die Wurst-Werkstatt angetan. Federführend hat hier Kumpel & Keule hochkarätige Metzger aus ganz Deutschland und der Welt eingeladen um hier vor Publikum in einer 270 Grad offenen Gläsernen Metzgerei Tiere zu zerlegen und Wurst zu machen. Über ein Mikrophone haben die Metzger von ihrem Werdegang, ihrer Arbeit und ihrer Liebe zum Handwerk erzählt. Und das wissbegierige Publikum hat sich die Nase Platt gedrückt und konnte danach die Würste vom Grill verkosten. Am Sonntag war der Metzger Peter Inhoven aus Düsseldorf, Christoph Grabowski aus dem Ruhrpott und danach die Mädels von Fleischerhandwerk „Wir sind anders“ in der Werkstatt zu sehen.

Christoph Grabowski hat in 1,5 Stunden zusammen mit Benni von Kumpel & Keule eine ganze Rinderschulter zerlegt und den Zuschauern gezeigt, das das zerlegen eines Tieres eine sehr filigranes Handwerk ist, bei der man viel Erfahrung haben muss. Bei weitem geht es nicht um das einfache „zerhacken“ eines Tieres. Jeder Cut muss erkannt, ertastet und dann sauber und perfekt heraus geschnitten werden. Sehr beeindruckend fand ich als die Rinderhälfte unter der Decke der Werkstatt gehangen hat und bevor es losging ist Christoph an die Hälfte herangetreten. Er legte die Hand auf einen Muskelstrang, rieb kurz daran und roch danach an seiner Hand – ein zufriedenes Nicken und dann ging das Zerlegen los.

Es gab auch eine Werkstatt der Bäcker, die einen ganzen Gang in der Markhalle eingenommen hat. Ganz zu Anfang habe ich Arend Erbel entdeckt der dort seine wunderbaren Dinkel-Brenzeln gemacht hat. Ich erinnere mich heute noch an das Aroma der noch warmen Brezeln in seiner Backstube vor mehr als zwei Jahren. Ausserdem war dort auch noch ein Mühlstein aufgebaut der noch von Hand betrieben wird. Jung & alt hat sich daran versucht.

Mein Lieblingsfischstand Küstlichkeiten war auch wieder am Start und ich habe mich so auf die besonderen Austern gefreut, die ich bisher nur hier bekommen habe. Im Eis lagen die wundervollen flachen europäischen Austern mit ihrem festfleischigen nussigen Aroma – zum niederknien! Neben den Austern hat Barf auch noch Fisch auf dem Grill zubereitet. Bei dem Fisch handelte es sich ausschließlich um Beifangfisch wie zum Beispiel die Scholle. Diese Fische sind schon mal ein wenig komplizierter zu essen da sie viele Gräten haben, entwickeln dadurch aber auch ein schönes Aroma und bleiben saftiger. Ich finde es wichtig die Leute hier aufzuklären, sie an die Hand zu nehmen und ihnen zu zeigen was man daraus alles leckeres machen kann.

Ein sehr interessantes Gespräch hatte ich auch mit einem Krabbenfischer. Er stand dort, pullte seine Krabben und bot sie den Leuten zum Essen an. Man konnte sich sogar an einen Tisch setzten und mit machen. Ich habe ihn nach seinem Beruf gefragt und er hat mir sehr viel zu dem Thema erzählt. Als er seinen Beruf vor Jahrzehnten gelernt hat, war vieles noch sehr viel anders als heute. Wenn die Krabben aus den Netzen kommen werden sie zuerst in Meerwasser abgekocht. Das dauert circa 5-10 Minuten. An den kleinen weißen Punkten auf dem Panzer in Kopfnähe sieht man wenn sie fertig sind. Früher kamen sie danach auf große Kühlsiebe an Deck im Heck der Schiffe. Dort hat die kühle Luft sie konserviert. Man kannte aber auch schon das konservieren mit Benzoesäure, welche heute noch genauso eingesetzt wird. Die Krabben werden dann an Land geschält. Wie wir alle wissen, wird ein Großteil der Krabben nach dem kochen direkt eingefroren und nach Marokko zum pullen verschifft. Es gibt zwar mittlerweile Maschinen die schon recht zuverlässig die Krabben pullen können, es fallen aber immer noch rund 30% durch die nicht geschält werden können. Die Krabben müssen nach dem Kochen krumm sein, sind sie gerade fallen sie durch die Maschine. Sind Krabben beim Kochen kaputt gegangen oder zu weich fallen sie durch die Maschine. Das muss dann alles vom Menschen nachgearbeitet werden. Ein Kilo Krabben mit der Maschine pullen lassen kostet 10 EUR. Das hin und zurück verschiffen lassen nach Marokko und das pullen dort kostet 6,50 EUR. Es ist einfach billiger. Er sagte auch das die Krabben die dann aus Marokko zurückkommen durch das frieren usw. sehr viel länger haltbar sind als die die wir hier pullen würden. Ich finde das alles sehr suspekt, muss aber sagen das mir diese winzigen kleinen frisch gepulten Krabben unglaublich gut geschmeckt haben. Gerade auch das Meditative dieser Arbeit gefällt mir. Ich glaube ich muss mir mal ein Kilo ungeschälte für zuhause besorgen.

Auch konnte ich endlich den Burger von Kumpel & Keule probieren. Ich habe schon sehr viel von ihm gehört und nun wollte ich ihn endlich einmal selber verkosten. Ein wunderbares Pattie mit Deichwiesenkäse extra viel Bacon und Feldsalat. Die unglaublich tolle Qualität des Fleisches hat man wunderbar geschmeckt. Besonders weil es perfekt Medium-rare gebraten war. Dazu dieser würzige Bacon – ein Traum. Ganz besonders positiv ist mir auch das Bun aufgefallen. Es war nicht im Brioche-Stil wie man es sonst kennt, sondern ein wenig würziger, unheimlich leicht, aber dennoch nicht so das es deswegen direkt auseinander fällt. Er glänzte also quasi eher durch seine geschmackliche Anwesenheit als durch seine physische und das fand ich mega gut! Der haptische Fokus war so ganz beim Fleisch, dem Käse und allem anderen was es auf dem Burger zu entdecken gab.

Den Weg nach Hause habe ich dann mit einem vollen Koffer voll Leckereien aus der Markthalle angetreten. Unter anderem hat es eine unglaublich gute Sopressata in den Koffer geschafft. An einem Stand gab es einmal eine Sopressata Creme vom Iberico Schwein, die sehr lecker aber zu flüssig war. Die festere Sopressata aus Mallorca musste es dann umbedingt sein – Konsistenz und Würze so wie ich sie Liebe. Dazu noch ein dryaged Entrecôte von Kumpel & Keule und ein Ciabatta von Sironi.

Diese Zeilen habe ich am Gate verfasst und war so drin das ich glaube ich zum ersten Mal der letzte war, der ins Flugzeug eingestiegen ist. So frisch wie die Erinnerung war und die Aromen noch auf der Zunge klebten, musste ich direkt loslegen. Und nun ab in die Bilder.

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